english  magyar


mahnmal
konzept
geschichte
dokumente
kontakt
impressum
you need flash to view this!


 

Während des Zweiten Weltkriegs wurden in der Viehofner Au bei St. Pölten (Niederösterreich) zwei Zwangsarbeitslager errichtet. Die dort internierten Menschen hatten in diversen staatlichen und privaten Betrieben in St. Pölten und Umgebung Zwangsarbeit zu leisten.

Das Lager für jüdische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus Ungarn

1944 wurden jüdische Familien aus Ungarn nach Viehofen deportiert, um unter elendsten Bedingungen an der Regulierung des Flusses Traisen zu arbeiten. Von Juli 1944 bis April 1945 waren zu diesem Zweck rund 180 Männer, Frauen und Kinder in den drei Baracken dieses Lagers untergebracht. Die Erwachsenen wurden bei der Schottergewinnung und dem Böschungsbau eingesetzt, den Kindern oblagen alle im Lager anfallenden Arbeiten. Der Luftschutzkeller blieb dem aus Österreich stammenden Wachpersonal vorbehalten. Namentlich bekannt sind bisher acht Tote. In den Unterlagen des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt St. Pölten finden sich Herzschwäche, Magengeschwür oder Lungenentzündung als Todesursachen. Unzureichende Ernährung, mangelnde Hygiene und Arbeit bis zur völligen Erschöpfung dürften die wahren Gründe für ihr Ableben gewesen sein. Gemeinsam mit den ebenfalls namentlich bekannten, unter ähnlichen Umständen verstorbenen nicht-jüdischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern, Kriegs- bzw. Strafgefangenen sowie Bombenopfern, ruhen diese Toten in einem anonymen Massengrab am städtischen Friedhof St. Pölten (Gruppe VI, Schachtgrab 19).

Kurz vor Kriegsende wurden die zu diesem Zeitpunkt noch lebenden Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen buchstäblich in das KZ Mauthausen getrieben; die meisten von ihnen kamen dort nie an, sondern starben an körperlicher Erschöpfung oder fielen willkürlichen Erschießungen zum Opfer. Ein Zeitzeuge aus St. Pölten erinnert sich an zahlreiche Leichen unweit des jüdischen Lagers in Viehofen. Vermutlich handelte es sich dabei um jene Menschen, die getötet wurden, weil sie der SS zu schwach schienen, um auf den Todesmarsch geschickt zu werden. Wo und ob sie überhaupt jemals beerdigt wurden, weiß niemand.

1966 wurde vom damaligen Besitzer des gesamten Augebietes, der Kurz-Kuefsteinschen Gutsverwaltung, eine Anlage zur Gewinnung von Sand und Schotter auf dem Areal des Lagers errichtet. Ab 1967 begann der Abbau durch einen lokal ansässigen Unternehmer. Bis 1985 entstand dadurch der so genannte Paderta-See (heute Viehofner See) mit einer Fläche von 19,8 Hektar und einer maximalen Tiefe von 6 Metern. Im Jahre 2003 erwarb die Stadt St. Pölten das gesamte Areal. Seit 2005 wird es als Naherholungsgebiet genutzt; der Viehofner See ist ein beliebter Badesee.

Das Zwangsarbeitslager der Glanzstoff-Fabrik

Südlich vom jüdischen Lager befand sich ab 1942 das größte Zwangsarbeitslager der NS-Zeit auf dem Gebiet der niederösterreichischen Landeshauptstadt: Das Lager für die so genannten Ostarbeiter der Glanzstoff-Fabrik. Bei zwei Drittel der dort internierten Menschen handelte es sich um Frauen aus der damaligen Sowjetunion (mehrheitlich aus der Ukraine), dazu kamen Kriegsgefangene französischer, tschechoslowakischer, rumänischer und griechischer Herkunft sowie Gefangene aus Italien. Zu den hauptsächlichen Erzeugnissen dürften Fallschirmseide und Reifencord gezählt haben; damals als kriegswichtig eingeschätzte Produkte.

Nach der Befreiung des Lagers durch die Armee der Sowjetunion wurde eine der Baracken bis zur Jahreswende 1945/46 als Anhaltelager im Rahmen der Entnazifizierung benutzt. Danach dienten die Einrichtungen bis 1967 bedürftigen Menschen aus St. Pölten als Unterkünfte. Ende der 60er Jahre wurden die Baubestände dem Erdboden gleichgemacht. Heute lässt sich das Lager nur noch entlang der Grundmauern einer der Baracken, anhand einiger Betonpfeiler der ehemaligen Stacheldrahtumzäunung sowie eines Pfeilerfragments des Lagertors erahnen.


Quellennachweis
Manfred Wieninger, Spurensuche in "Korea", in: Konkret Nr. 7/2005
Manfred Wieninger, Wir leben eh nicht mehr lang - Das Lager St. Pölten-Viehofen in Zeitzeugenberichten, in: Eleonore Lappin, Susanne Uslu-Pauer, Manfred Wieninger, Ungarisch-jüdische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Niederösterreich 1944/45, NÖ Institut für Landeskunde Band 45, Willibald Rosner und Reinelde Motz-Linhart (Hg.), St. Pölten 2006
Wettbewerbsausschreibung Mahnmal Viehofen, Kunst im öffentlichen Raum NÖ